Ist Humor immer positiv?

Alles was ein Mensch tun kann, kann er spontan tun. Wir können spontan töten, wir können spontan küssen. Dabei kann spontan sein bedeuten, auch Grenzen zu überschreiten. Nicht nur gegenüber dem anderen, sondern auch bei sich selbst. Etwas ungeplant und unkontrolliert zu tun, bedeutet, ein Risiko eingehen. Zum Beispiel, wenn man spontan humorvoll ist: Wird das Gegenüber verstehen, was ich meine? Oder wird es komisch schauen? Kennen wir die Weltsicht des Gegenübers, dann wissen wir, ob und wie spontaner Humor ankommt. Wenn nicht, riskieren wir, in Fettnäpfchen zu treten, je schärfer unser Humor wird. Und wenn er scharf wird, kann er zur Waffe werden.

Wir können uns nicht nur über Menschen lustig machen, wir können auch Institutionen oder Autoritäten lächerlich aussehen lassen. Das kann gefährlich werden. Wer Angst davor hat, von Humor betroffen zu werden, der über sich selbst nicht lachen kann, der kann, ob als privater Elternteil oder in der Öffentlichkeit stehende Prominenz, selbst vom Humor be- und getroffen werden.

Humor legt Wahrheiten offen. Besonders, wenn es um Unter- oder Überlegenheit geht. Angst ist also in doppelter Hinsicht ein Gegner des Humors: Beim Sender verhindert sie, die direkte Wahrheit zu sagen, und beim Empfänger führt die Angst dazu, dass er den Humor als Angriff empfindet. Humor, der (be)trifft, setzt beim Empfänger also eine gewisse Stärke und genug Selbstbewusstsein voraus, um auch als solcher, als erlösender, aufgefasst zu werden. Humor macht uns also auch stärker und toleranter, weil er Themen, die mit dem Empfänger identifiziert werden, in Frage stellt. Deswegen haben wir vor Menschen, die bei aller Autorität, die sie selbst besitzen, auch über sich selbst lachen können, einen hohen Respekt. Wir spüren, dass sie das Menschliche, die Einsicht in Schwäche, über ihre Funktion und ihr damit verbundenes Handeln stellen können.

Wenn unser Menschenbild Egozentrismus, Reichtum, Macht und Konsum als erstrebenswert in den Vordergrund stellt, wird es vermutlich nicht viel zu lachen geben. Es stellt sich die Frage, ob Menschen mit einem entsprechenden Menschenbild überhaupt humorvoll sein können. Wer Macht und Reichtum auch loslassen kann, wer teilen kann, wer über sich selbst lachen kann, wer Menschen mag, der wird Humor nicht als scharfe Waffen empfinden, sondern als Freiheit. Zum Humor, der positiv wirkt, gehört immer ein Menschenbild, bei dem wir uns Menschen zuwenden und mit ihnen verbunden fühlen.